Hi!
Im Xing Netzwerk hat Stefan Münz - dürfte einigen ja bekannt sein - eine Interessante Diskussion angefangen. Ich würde der laufenden hier gerne eine neue Richtung geben, wenn es recht ist, ansonsten kann man das auch in einen neuen Thread verlegen.
Mit Erlaubnis von Herrn Münz zitiere ich den Beitrag - er meinte, das er gerne auch vorbeischauen werde:
Zitat:
Seit dem 11. Dezember ist Google Chrome (Google Chrome - Laden Sie einen neuen Browser herunter) keine Beta-Software mehr. Aktuell ist jetzt Version 1.0 (plus 2. und 3. Stelle hinterm Komma). Äußerlich hat sich seit dem ersten Beta-Release Anfang September auf den ersten Blick gar nicht so viel getan. Die spartanische Oberfläche, die einzig darauf ausgelegt ist, der angezeigten Webseite so viel Raum wie möglich zu geben, bietet allerdings auch gar nicht viel Platz für optisch auffällige Änderungen.
Genau das möchte ich aber mal zum Thema machen, und nicht die Datenschutzdebatte rund um den Chrome-Browser, wie in Deutschland sonst reflexartig üblich. Die Usability des Chrome-Browsers besteht darin, sich selbst so weit wie möglich zurückzunehmen. Die altherrliche Menü-Üppigkeit mit Datei, Bearbeiten, Ansicht usw. fehlt ganz. Die Titelleiste wird für die Tabs mitsamt deren Titel genutzt, statt immer nur den Titel des aktuellen Tabs anzuzeigen. Das alles spart vertikal schon mal gut 50 Pixel. Die Adresszeile ist zugleich ein Suchfeld. Weiterhin gibt es keine immer angezeigte Statuszeile -- wieder gut 20 Pixel mehr Anzeigehöhe für Webseiten. Statusinformationen werden stattdessen dynamisch eingeblendet, aber so dezent, dass es kaum einen User stört. In den beiden Aufklappmenüs, die rechts neben der Adresszeile über zwei Symbole aufrufbar sind, lautet der erste erreichbare Menüpunkt "Anwendungsverknüpfungen erstellen...". Damit lassen sich wahlweise auf dem Desktop, im Startmenü oder in der Schnellstartleiste (unter Windows) aktuell angezeigte Webseiten verknüpfen. Startet man die Verknüpfung, ist von der Browser-Oberfläche noch weniger zu sehen -- keine Tabs mehr, keine Adresszeile, nur noch die Titelzeile. Fast-Kiosk-Mode also, aber trotzdem steht noch ein Menü mit den wichtigsten Funktionen zur Verfügung.
Der Browser scheint alles dafür zu tun, um sich selbst so dünne wie möglich zu machen. Das gilt auch für die Geschwindigkeit. Chrome startet nicht langsamer als der Windows-Notepad-Editor oder der Windows-Taschenrechner. Kein protziges Startlogo, nichts. Er ist einfach sofort da. Beim Seitenaufbau wird selbst ein schwaches 1000er-DSL zu einem gefühlten 6000er-DSL. Chrome, so scheint es, will kein klassisches Fenster mehr sein, mit Web als Fensterinhalt, sondern allenfalls noch eine Terrasse, und ringsherum nichts als Web. Ist ja auch die erklärte Philosophie, die Google mit dem Browser verfolgt: er soll dem User nicht selbst als Anwendung erscheinen, innerhalb deren dann wiederum Sekundäranwendungen ablaufen, die aus dem Web kommen, sondern er soll nur mehr eine Plattform für Webanwendungen sein, die dadurch den Charakter von Primär-Anwendungen erhalten. Das alles hängt natürlich mit dem Trend zum Cloud-Computing zusammen. Wahrscheinlich haben auch am ehesten solche Leute eine Affinität zu Chrome, die zunehmend Webanwendungen als Ersatz für Desktopanwendungen nutzen.
Was mich zum Zwiebel-Modell bringt. Das beginnt etwa beim Basic Input Output System. Darüber hat man den Betriebssystem-Kernel gestülpt, um überhaupt eine Steuerbasis für das Management von CPU, Arbeitsspeicher und Festspeichern zu haben. Diesem hat man das Kleid der grafischen Benutzeroberfläche angezogen, bestehend aus Desktop, Fenstern, Icons und Dialogelementen, damit es für Normaluser bedienbar wurde. In deren Schale gedeihen wiederum die klassischen, fensterbasierten Desktopanwendungen. Und nun machen sich solche Desktopanwendungen wie Chrome zur Aufgabe, nichts weiter mehr als eine Schale für Webanwendungen zu sein.
Aber selbst das ist noch nicht die letzte Schicht. Denn es gibt ja auch schon Webanwendungen, die keine andere Aufgabe mehr haben, als eine Weboberfläche für ganz verschiedene Webdesktopanwendungen zu sein. Auch auf diesem Level wird bereits verbissen um die Vorherrschaft gerungen. Und wie es aussieht, hat sich der andere verhasste Riese, Microsoft, in eben diesem Sektor bereits gut aufgestellt (Windows Live). Vielleicht denkt man sich dort hinter vorgehaltener Hand: lassen wir doch diesen blöden Internet Explorer, das mit den Browsern haben wir eh nie richtig hinbekommen, das können andere einfach besser. Vielleicht hat man in Redmont gar nichts dagegen, wenn Chrome jetzt, wo er die 1 vor dem ersten Punkt hat, bei Dell und anderen PC-Herstellern offiziell als OEM-Version auf neue PCs mit drauf kommt. Sollen die User doch die Google-Schale nutzen, um damit MS-Live zu nutzen, denkt man sich dort vielleicht.
Die Zwiebel also: ist sie das Erfolgsmodell für Usability? Anbieter, sei selbstlos und werde zur Schale für andere!? Und kann man daraus auch als Webdesigner ganz normaler Webseiten etwas lernen?
viele Grüße
Stefan Münz
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Ich finde diese Überlegungen sehr interessant, was meint Ihr? Ein neuer Zukunftsweg? Was käme da auf unsereins zu?
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